Man stelle sich vor: Idar im Jahr 1857, eine Stadt mit etwa 2.800 Einwohnern – und kein einziger Verein weit und breit. Doch das sollte sich schon bald ändern. Im Juli 1858 fanden sich 31 Idarer Bürger zusammen, fest entschlossen, etwas Neues ins Leben zu rufen. Am 25. Juli 1858 gründeten sie den Schützenverein Idar, mit dem Ziel, Schießsport und Geselligkeit zu pflegen. Von da an hallten an jedem Sonntag die Schüsse ihrer Vorderladerbüchsen vom Hasenklopp-Hügel wider. Die Menschen der Umgebung strömten herbei, um dem Spektakel zuzusehen – nach jedem Treffer stießen die Schützen fröhlich an, und über dem offenen Feuer drehte sich ein würziger Spießbraten. In dieser kameradschaftlichen Runde wuchs der junge Verein zusammen, und schon bald war er aus dem Leben der Stadt nicht mehr wegzudenken.
Bereits 1860 machte der Verein einen wichtigen Schritt nach vorn: Man erwarb ein eigenes Gelände, um einen festen Schießplatz zu haben, und feierte dort sogleich das erste Schützenfest. Dieses Fest wurde zum Anziehungspunkt für die ganze Umgebung. Im selben Jahr dampfte auch die erste Eisenbahn durchs Nahetal – die neue Nahebahn – und argwöhnisch beobachteten die Schützenbrüder vom Klotzberg aus die vorbeifahrenden Züge, als wäre es ein Schauspiel eigens für sie. 1861 ergab sich dann eine besondere Gelegenheit: Für 600 Taler konnte der Verein ein ausgedientes Gebäude der Rhein-Nahe-Bahn-Gesellschaft erwerben – eine frühere Küche der Bahngesellschaft. Gleichzeitig stellte die Idarer Pfarrgemeinde ein Stück Land zur Verfügung, um dieses Gebäude darauf zu errichten. So entstand das neue Vereinsheim, der Schützenhof, der bis heute in der Stadtgeschichte einen klangvollen Namen hat. Von der Rückseite dieses Schützenhofs aus zielten die Schützen fortan über den plätschernden Idarbach hinweg in den gegenüberliegenden Dietzenwald. Es muss ein beeindruckender Anblick gewesen sein: vorne das robuste Gebäude, dahinter die Schützen, die konzentriert über den Bach auf ihre Scheiben schossen.
Der Schützenhof entwickelte sich schnell zu einem lebendigen Mittelpunkt des städtischen Lebens in Idar. Hier wurde nicht nur gefeiert und geschossen – der Ort schrieb auch in anderer Hinsicht Geschichte. Die Idarer Feuerwehr wurde im Schützenhof aus der Taufe gehoben, und auch Vereine wie die Kasino-Gesellschaft oder der Idarer Turnverein nutzten die geselligen Runden im Schützenhof, um sich zu gründen und zu organisieren. Der Schützenverein zog Menschen mit unterschiedlichsten Interessen an und gab so mancher weiteren Gemeinschaft den Anstoß. In jenen Jahren wuchs der Verein beständig, und er pflegte stolz seine jungen Traditionen. 1863 stiftete Großherzog Peter von Oldenburg, der Landesherr der Region, dem Verein eine prächtige silberne Königskette. Diese erste Königskette – reich verziert und von unschätzbarem ideellem Wert – ist noch heute im Besitz des Schützenvereins. Sie erzählt von der fast 150-jährigen (inzwischen über 160-jährigen) Tradition und den vielen Schützenkönigen, die sie getragen haben. Als erster Schützenkönig des Vereins ist Karl Wild verzeichnet, dessen Name somit als erster in die Annalen einging. Man kann sich vorstellen, mit welchem Stolz er 1863 jene silberne Kette umgelegt bekam, während die Schützenbrüder jubelten.
Doch die Geschichte verläuft nicht ohne Unterbrechungen: 1870/71 erschütterte der Deutsch-Französische Krieg auch das Leben in Idar. In dieser Zeit kam das Schießen zum Erliegen – die Schützen mussten ihr Hobby ruhen lassen, viele zogen selbst in den Krieg oder halfen daheim, wo sie konnten. Statt Zielscheiben ins Visier zu nehmen, widmeten sich die Mitglieder nun wohltätigen Aufgaben, um die Not der Zeit zu lindern. Es zeigt sich hier bereits der starke Gemeinschaftsgeist des Vereins: Man hielt zusammen, auch ohne den Schießsport. Nach Kriegsende dauerte es einige Jahre, bis der Verein wieder aktiv wurde. 1886 schließlich kam es zur Wiederbelebung des Schützenvereins. Mit frischem Elan nahmen die Idarer Schützen ihr Vereinsleben wieder auf – allerdings mit einer wichtigen Veränderung: Am alten Schützenhof durfte nicht mehr geschossen werden. Die Stadt war gewachsen, rund um den Schützenhof waren Wohnhäuser entstanden, und aus Sicherheitsgründen untersagte man dort das Schießen. Doch die Schützen ließen sich davon nicht entmutigen. Sie pachteten ein Stück Land in der Dietgenbach (man sagt auch Dietzenbachtal) und erwarben dort eine Wiese – genau an jener Stelle, wo sich heute noch das Schützenhaus des Vereins befindet. Dort errichteten sie eine neue Schießstätte unter freiem Himmel. Schon 1887 fand auf dem neuen Gelände das erste Königsschießen statt, bei dem der beste Schütze des Jahres ermittelt und zum Schützenkönig gekrönt wurde. Endlich knallten die Büchsen wieder und der Wettstreit lebte auf – nun an neuer Stätte, aber mit derselben Begeisterung wie ehedem.
Der Schützenhof indes blieb den Schützen weiterhin erhalten, wenn auch in anderer Funktion. Jahr für Jahr richteten die Idarer Schützen dort ihre Schützenbälle aus – glanzvolle Tanz- und Festabende, die aus dem gesellschaftlichen Leben jener Zeit nicht wegzudenken waren. Elegante Roben, fröhliche Musik und natürlich die eine oder andere Anekdote vom Schießstand füllten den Saal. Der Schützenhof war also nach wie vor ein Ort der Begegnung und Freude, auch wenn die Kugeln jetzt anderswo flogen. Viele Idarer verbinden sicher schöne Erinnerungen mit den Ballnächten im Schützenhof, wo bis spät in die Nacht gefeiert, gelacht und die Kameradschaft hochgehalten wurde.
Die Jahre vergingen, und der Schützenverein hielt Schritt mit den Veränderungen – bis die nächste Zäsur folgte. 1910 entstand in Idar ein weiterer Schützenverein, was zeigt, wie beliebt der Schießsport mittlerweile war. Dieser neue Klub nannte sich zunächst Schützenklub „Zentrum“ und später Schützengesellschaft Idar 1910. Man traf sich anfangs in Korb’s Saal, später verlegte man den Schießbetrieb auf die Kegelbahn des Wirts Gosert und schließlich in die Rodenbach. Dort übten die Mitglieder das Schießen mit dem Luftgewehr, dem Zimmerstutzen (einem Kleinkalibergewehr für Innenräume) und dem Kleinkalibergewehr. Im März 1911 kürte der junge Verein seinen ersten Schützenkönig, Rudolf Gosert – der Sohn des Wirts, auf dessen Kegelbahn sie geschossen hatten, trug nun die Königswürde. In Idar gab es fortan also zwei Schützenkönige: jenen des altehrwürdigen Schützenvereins von 1858 und jenen des neu gegründeten Vereins von 1910. Die beiden Vereine existierten nebeneinander und pflegten jeweils ihre eigenen Traditionen, doch ihre Geschichten sollten sich später noch miteinander verweben.
Zunächst jedoch brach erneut eine schwere Zeit an: Der Erste Weltkrieg (1914–1918) warf seine Schatten auch auf Idar. Wie so viele Vereine mussten sowohl der Schützenverein von 1858 als auch die Schützengesellschaft 1910 ihre Aktivitäten fast vollständig einstellen. Viele Mitglieder standen an der Front oder in Diensten, und die französische Besatzung in den Jahren nach dem Krieg verbot deutschen Schützen lange Zeit jegliche Betätigung mit Feuerwaffen. Doch die Schützen gaben sich nicht verloren. Der traditionsreiche SV 1858 Idar umging die strengen Auflagen der Besatzungszeit mit einer findigen Idee: Er gab sich vorübergehend den Namen „Jagdschutzverein Hubertus“. Unter dem Deckmantel eines harmlosen Jagd- und Naturschutzvereins hielten die Idarer Schützen ihren Zusammenhalt aufrecht, bis sie endlich wieder offiziell ihrem Sport nachgehen durften. Die jüngere Schützengesellschaft Idar 1910 musste ebenfalls pausieren, doch kaum war die erste Schießerlaubnis in Sicht, erwachte auch dort das Vereinsleben wieder. Tatsächlich gelang es dem „Zentrum“-Verein schon 1922, wieder einen Schützenkönig auszuschießen – damit waren sie nach Kriegsende schneller zurück im traditionellen Rhythmus als ihre älteren Kameraden. Der alte Schützenverein von 1858 hingegen musste noch länger warten: Erst 1932 konnte auch dort wieder ein Schützenkönig proklamiert werden. Diese lange Durststrecke zeigt, wie schwierig die Zeiten gewesen sein müssen – fast zwei Jahrzehnte ohne das geliebte Königsschießen, ohne den freundschaftlichen Wettstreit im Schützenhaus. Umso größer dürfte die Freude gewesen sein, als man 1932 endlich wieder einen König feiern konnte.
In den 1930er Jahren näherte man sich schließlich dem, was lange nahelag: 1937 kam es zum großen Zusammenschluss der Idarer Schützen. Die traditionsreichen Schützen von 1858 und die Mitglieder der Schützengesellschaft 1910 legten ihre Rivalität beiseite und vereinten sich unter einem Dach. Von nun an gab es nur noch einen Schützenverein in Idar, der folgerichtig den Namen Schützenverein Idar 1858 trug – eine Hommage an das ältere Gründungsdatum. Dieser Zusammenschluss stärkte die Schützengemeinschaft enorm. Unter dem gemeinsamen Dach wurden fortan nicht nur alljährlich ein Schützenkönig gekürt, sondern neben dem „großen“ König auch Jugendkönige (Jungschützenkönige) ermittelt, um den Nachwuchs einzubinden. Bis 1942 – also mitten in den Zweiten Weltkrieg hinein – konnten so jedes Jahr die besten Schützen geehrt werden. Doch als der Krieg seine größte Wut entfesselte, verstummten wiederum die Gewehre der Sportschützen. Nach 1942 war an Schießsport nicht mehr zu denken; viele Mitglieder waren eingezogen, das Vereinsleben kam zum Erliegen, und der Schützenverein existierte in dieser Zeit wohl mehr im Herzen der Daheimgebliebenen als in der Praxis.
Das nächste große Kapitel begann nach dem Krieg. Deutschland lag am Boden, doch langsam kehrte das Leben zurück – auch in Idar, das seit der Fusion mit der Nachbarstadt Oberstein mittlerweile Idar-Oberstein hieß. Die Besatzungsmächte hatten Schützenvereine zunächst verboten, doch mit der Gründung der Bundesrepublik lockerten sich die Bestimmungen allmählich. 1951 erteilte die französische Militärregierung endlich die Genehmigung, den Schießsport wieder aufzunehmen, zumindest mit dem Luftgewehr. Diese Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Sofort fanden sich viele alte Schützen wieder ein, Männer, die vor dem Krieg Teil des Vereins gewesen waren, nun teils gealtert, teils vom Krieg gezeichnet, aber voller Eifer, die Tradition wiederaufleben zu lassen. Das Schützenhaus wurde instand gesetzt, Gewehre wurden organisiert – und das Ziel, wieder einen Schützenkönig zu küren, beflügelte alle. Schon 1953 war es soweit: Zum ersten Mal nach dem Krieg erschallte wieder der Ruf des Königsschusses. Manfred Kunz errang die Würde des Schützenkönigs, und in der neu eingeführten Jugendwertung wurde Werner Appel der erste Nachkriegs-Jungschützenkönig. Dieser Doppelerfolg – ein König und ein Jugendkönig im selben Jahr – zeigte, dass der Verein sowohl die erfahrenen Schützen als auch die nächste Generation erfolgreich reaktivieren konnte. Natürlich durfte auch die festliche Krönung nicht fehlen: Der Schützenball wurde wiederbelebt und fand in würdigem Rahmen im Städtischen Saalbau statt. Dort tanzten Alt und Jung gemeinsam, feierten ihre Könige und fühlten, dass der Schützengeist von Idar-Oberstein den Krieg überdauert hatte.
Während der Idarer Verein nach dem Krieg neu erblühte, gab es in Oberstein, dem zweiten Stadtteil, ebenfalls eine Schützentradition. Bereits 1930 war in Oberstein ein eigener Verein gegründet worden, der KK-Schützenklub 1930 Oberstein (das „KK“ stand für Kleinkaliber). Dieser Verein hatte – ähnlich wie die Idarer Schützen – bis in die Kriegsjahre hinein sein Eigenleben geführt. In der Festhalle von Oberstein, in Heines Garten und im Barbarahaus traf man sich, um mit dem Kleinkalibergewehr, dem Luftgewehr oder dem Zimmerstutzen zu schießen und natürlich auch dort Könige und Jungschützenkönige zu ermitteln. Nach dem Krieg dürften auch die Obersteiner Schützen zunächst mit denselben Schwierigkeiten gekämpft haben, doch bis in die 1950er und 60er Jahre hinein hielten sie ihre Tradition am Leben. Es gab also eine ganze Weile lang zwei Schützenvereine in Idar-Oberstein: den alten, in Idar beheimateten Verein von 1858 und den kleineren, aber rührigen KK-Schützenklub in Oberstein.
1968 dann folgte ein Schritt, der die Schützengeschichte der Stadt endgültig zusammenführte: Die große Fusion. In diesem Jahr schlossen sich auch der Obersteiner Verein und der Idarer Schützenverein zusammen. Aus zwei getrennten Gemeinschaften wurde eine einzige, starke Einheit, die nun das gesamte Stadtgebiet umfasste. Seither führt der Verein stolz den Namen „Schützenverein 1858 Idar-Oberstein e.V.“, der sowohl das ehrwürdige Gründungsjahr als auch die Verbundenheit beider Stadtteile im Namen trägt. Mit dieser Fusion erweiterte sich nicht nur der Kreis der Mitglieder, sondern es vereinten sich auch verschiedene Traditionen und Schießsport-Disziplinen unter einem Dach. So wurde ab dieser Zeit der jährliche Schützenkönig mit dem Kleinkalibergewehr ermittelt – je nach Gelegenheit auf dem Parkplatz des Schützenhauses (der später zum Pistolenstand ausgebaut wurde) oder auf der Kleinkaliber-Schießanlage in 25 Meter Entfernung. Diese Art des Königsschusses war eine moderne Adaption, doch sie stand ganz in der Linie der Tradition. Und gerade in dieser Übergangszeit gab es einige Besonderheiten, die erwähnenswert sind: Bereits 1957 – also noch vor der Fusion, aber in einem der beiden Vereine – hatte es eine Schützenkönigin gegeben, eine Frau also, die den Männerwettstreit für sich entschied und zur Regentin des Schützenjahres gekrönt wurde. Das war damals eine kleine Sensation und zeugte davon, dass der Schießsport längst nicht mehr reine Männersache war. In den 1980er-Jahren wiederum erlebte der Verein, dass sogar Schüler-Schützenkönige – also sehr junge Mitglieder – den Titel erringen konnten. Mehrere Male standen Jugendliche ganz oben auf dem Siegertreppchen und nahmen die Königskette in Empfang, während die älteren Semester staunten und applaudierten. Diese Entwicklungen – die erste Frau an der Spitze, die Erfolge der Jüngsten – spiegelten den Wandel der Zeit wider und zeigten, dass der Schützenverein offen war für alle Generationen und Geschlechter, ohne die Wurzeln der Tradition zu vergessen.
Ende der 1990er Jahre war es Zeit, dem altbewährten Königsschießen neuen Schwung zu verleihen. Viele Jahrzehnte lang hatte man den hölzernen Adler oder die Scheiben mit dem Kleinkalibergewehr ins Visier genommen. 1998 beschloss der Verein, hier einen einschneidenden Wandel vorzunehmen, um den Wettbewerb attraktiver zu gestalten und gleichzeitig alle Schützen gleichberechtigt teilnehmen zu lassen – inzwischen hatten sich nämlich auch Bogenschützen im Verein etabliert, die ebenfalls ihren sportlichen Ehrgeiz einbringen wollten. Zum allerersten Mal wurde das Königsschießen daher mit einer Pressluft-Armbrust ausgetragen. Auf einem selbst gebauten Vogelstand thronte ein hölzerner Vogel als Ziel, und die Schützen – ob mit Gewehr- oder Bogenhintergrund – durften nun mit Bolzen darauf anlegen. Man stelle sich die Spannung vor, als der erste Schuss mit der Armbrust krachte: ein ungewohntes Gefühl für viele, doch es weckte den Sportsgeist in allen. Diese Armbrust samt Vogelstand hatte man zunächst von befreundeten Schützen des Bürgerschützenvereins Menzelner Heide geliehen, die mit solcher Technik Erfahrung hatten. Doch schon wenige Jahre später, 2002, ging die Ausrüstung in den Besitz des Idar-Obersteiner Vereins über – von da an gehörte das Armbrust-Schießen fest zum Repertoire beim Königsschießen. Diese Neuerung war ein voller Erfolg: Sie verband auf originelle Weise Tradition und Moderne und sorgte dafür, dass das Königsschießen fortan mit noch größerer Begeisterung verfolgt wurde.
Die späten 1990er und frühen 2000er Jahre brachten dem Schützenverein 1858 Idar-Oberstein nicht nur neue Ideen, sondern auch herausragende sportliche Erfolge. Die Landesmeisterschaften im Bogenschießen wurden mit großem Erfolg auf dem Gelände des Vereins ausgerichtet – ein Vertrauensbeweis des Verbands in die Organisationstalente der Idar-Obersteiner. Zahlreiche Meistertitel und Ehrungen heimischer Schützinnen und Schützen folgten in verschiedenen Disziplinen, ob mit dem Gewehr, der Pistole oder dem Bogen. Die lokale Presse berichtete immer wieder lobend über die Leistungen und das Engagement des Vereins. All dies gab den Verantwortlichen und Mitgliedern Auftrieb und Mut, eine beinahe nostalgisch gewordene Tradition neu aufleben zu lassen: 2003 entschloss man sich, nach langer Zeit wieder ein richtiges Schützenfest zu feiern. Mit viel Herzblut wurde dieses Fest vorbereitet – schließlich sollte es an die glorreichen Feste vergangener Tage anknüpfen. Und tatsächlich: Es wurde ein voller Erfolg. Zum ersten Mal überhaupt krönte man in diesem Rahmen sogar einen Stadtkönig. Dieser Stadtkönig war gewissermaßen ein Schützenkönig der ganzen Stadt Idar-Oberstein – ein Titel, der die Verbundenheit zwischen Verein und Stadtgemeinschaft unterstrich. Das Fest von 2003 war damit nicht nur eine Hommage an die Vergangenheit, sondern schrieb auch neue Geschichte für den Verein.
Seit jenem Neubeginn 2003 hat der Schützenverein 1858 Idar-Oberstein seinen Schwung beibehalten und ist lebendig wie eh und je. 2008 konnte er auf 150 Jahre Vereinsgeschichte zurückblicken – ein eineinhalb Jahrhunderte währendes Auf und Ab, das an diesem Jubiläum gebührend gefeiert wurde. Die Mitglieder – von jung bis alt – erinnerten sich stolz an all die Episoden, Erfolge und Anekdoten, die den Verein geprägt hatten, und zugleich blickte man optimistisch in die Zukunft. In den folgenden Jahren wuchs der Verein weiter mit der Zeit. Neue Sportarten fanden ihren Platz, die Ausrüstung wurde modernisiert und das Angebot für Mitglieder immer vielfältiger. Heute, in den 2020er-Jahren, ist der Schützenverein 1858 Idar-Oberstein ein moderner Breitensportverein, der auf ein Fundament reicher Tradition baut. Er zählt mehrere Abteilungen, die verschiedene Disziplinen des Schießsports abdecken. Gewehrschützen und Pistolenschützen trainieren Seite an Seite mit Bogenschützen, und auch die Vorderlader-Schützen – jene Liebhaber historischer Schwarzpulverwaffen – haben ihre Nische im Verein. Sogar das Wurfscheibenschießen (etwa Trap und Skeet) wird gepflegt, und nicht zuletzt gibt es eine aktive Gruppe fürs Böller- und Salutschießen. Letztere sorgt dafür, dass zu besonderen Anlässen traditionell die Kanonen donnern – ganz so, wie man es sich vor über hundert Jahren bei Festzügen vorgestellt hat. All diese Sparten werden koordiniert, sodass jeder seine Leidenschaft ausüben kann. Eine engagierte Jugendabteilung kümmert sich um den Nachwuchs: Hier lernen Mädchen und Jungen den verantwortungsvollen Umgang mit Sportgeräten, schulen Konzentration und Ausdauer und wachsen in die Gemeinschaft hinein. Die jungen Schützen von heute sind die Könige und Königinnen von morgen – dieses Bewusstsein prägt die Vereinsarbeit und sichert den Fortbestand der Schützentradition in Idar-Oberstein.
Das Vereinsleben ist bis in die Gegenwart hinein äußerst aktiv. Jedes Jahr nehmen die Sportler des SV 1858 an Rundenwettkämpfen und Meisterschaften auf Kreis-, Bezirks- und Landesebene teil und kehren nicht selten mit Medaillen und Titeln heim. Die Vereinschronik verzeichnet zahlreiche Meisterschützen, die über die Jahre hinaus in Idar-Oberstein und Umgebung bekannt wurden. Doch neben allen sportlichen Ehren kommt auch das Gesellige keineswegs zu kurz – im Gegenteil. Der traditionelle Schützenball, einst im Schützenhof, später im Saalbau, lebt in moderner Form weiter: Bei Vereinsabenden, Sommerfesten oder Weihnachtsfeiern wird gelacht, musiziert und die Gemeinschaft gepflegt. In unregelmäßigen Abständen – je nach Anlass und Möglichkeit – richtet der Verein auch wieder Schützenfeste aus, die an Glanz und Freude den historischen Festen in nichts nachstehen. Dann wird das Schützenhaus festlich geschmückt, es gibt Vorführungen, Wettbewerbe und natürlich die Spannung des Königsschusses, der mittlerweile ebenso gut von einer talentierten Schützin oder einem Jugendlichen gewonnen werden kann wie von einem erfahrenen Schützen. Die Stadtkönig-Würde aus dem Jahr 2003 hat Schule gemacht: Die Verbundenheit mit der Stadt zeigt sich immer wieder, beispielsweise auch darin, dass der Schützenverein bei städtischen Veranstaltungen präsent ist. So gehört es inzwischen zur schönen Tradition, dass die Schützen des SV 1858 alljährlich das Bismarckturmfest – ein beliebtes Volksfest in Idar-Oberstein – mit donnernden Böllerschüssen eröffnen. Wenn am Fuße des Bismarckturms die Salven echoen, wissen alle: Jetzt beginnt das Fest! Solche Momente zeigen, wie tief verwurzelt der Verein im kulturellen Leben der Stadt ist und wie sehr er dazu beiträgt, Brauchtum und Zusammenhalt zu bewahren.
Selbst schwierige Zeiten konnten diesem Verein nichts anhaben. Als zu Beginn der 2020er Jahre eine weltweite Pandemie das öffentliche Leben lahmzulegen drohte, mussten zwar auch die Idar-Obersteiner Schützen ihre Treffen und Wettkämpfe vorübergehend aussetzen – doch der Geist des Vereins blieb ungebrochen. In Telefonaten, Online-Chats und durch viel gegenseitige Unterstützung hielt man Kontakt. Und sobald es wieder möglich war, traf man sich – zunächst vorsichtig, dann immer unbeschwerter – im Schützenhaus, um den Klang der Schüsse und das Lachen der Freunde wieder live zu erleben. 2022 konnte schließlich sogar wieder ein Schützenfest gefeiert werden, und die zuvor aufgeschobenen Ehrungen der Vereinsmeister wurden mit zwei Jahren Verspätung doch noch nachgeholt. Diese Resilienz in der Krise hat einmal mehr bewiesen, dass der Schützenverein 1858 Idar-Oberstein nicht nur ein Sportverein, sondern auch eine große Familie ist, die in guten wie in schlechten Zeiten zusammenhält.
Wenn man heute auf die lange Geschichte dieses Vereins blickt, kann man nur staunen: Über 165 Jahre sind vergangen, seit jene Idarer Pioniere den Grundstein legten, und noch immer hallt ihr Erbe nach. Aus dem kleinen Kreis am Hasenklopp ist ein großer Verein geworden, der die Jahrzehnte, ja Jahrhunderte, mit all ihren Umbrüchen überdauert hat. Die Geschichte des Schützenvereins 1858 Idar-Oberstein ist reich an Höhepunkten und geprägt von bemerkenswerten Persönlichkeiten: Von den Gründervätern und frühen Königen wie Karl Wild, über fördernde Patrone wie Großherzog Peter, bis hin zu den Leistungsträgern der Gegenwart, die als Vorbilder für die Jugend dienen. Es ist die Geschichte von Menschen, die ihre Leidenschaft für den Schießsport mit Engagement für die Gemeinschaft verbinden. In ihr spiegeln sich die Entwicklungen der Stadt Idar-Oberstein wider – vom Aufstieg der Vereinskultur im 19. Jahrhundert, über die schweren Krisen der Weltkriege, bis hin zur bunten Vielfalt des heutigen Freizeit- und Sportschaffens. Doch vor allem ist es eine lebendige Geschichte, die noch lange nicht zu Ende erzählt ist. Wer heute das Schützenhaus in Idar-Oberstein betritt, spürt förmlich die Atmosphäre all der Jahre: Dort hängen vielleicht alte Schützenscheiben und Fotos vergangener Könige an den Wänden, während auf den modernen Schießständen junge Menschen konzentriert ins Ziel blicken. Draußen mag gerade der Grill angeheizt werden – Spießbraten nach Idarer Art, natürlich – und ein erfahrener Schütze erzählt den Jungen von früheren Zeiten, als man noch über den Idarbach schoss. Alt und Jung, Tradition und Moderne – im Schützenverein 1858 Idar-Oberstein gehen sie Hand in Hand. Diese mitreißende Geschichte eines Vereins, der seine Wurzeln nie vergessen hat und doch immer mit der Zeit ging, begeistert bis heute Mitglieder wie Außenstehende. Und so darf man mit Gewissheit sagen: Der Schützenverein 1858 Idar-Oberstein lebt, in seinen sportlichen Erfolgen, seinen fröhlichen Festen und dem Zusammenhalt seiner Mitglieder – und er wird seine Erfolgsgeschichte gewiss noch viele Jahre fortschreiben.
Wolfgang Herfurth – Mai 2025