Dorfeiche, Gemeinschaft, Gartenzwerge: Willkommen in Wilzenberg-Hußweiler!

Im Herzen des südlichen Hunsrücks, zwischen der Edelsteinstadt Idar-Oberstein und der Kreisstadt Birkenfeld, liegt ein Ort, der auf der Landkarte vielleicht klein wirken mag – aber im Herzen seiner Bewohner riesig ist: Wilzenberg-Hußweiler. Die Doppelgemeinde mit rund 280 Einwohnern (Stand Ende 2023) ist ein Paradebeispiel für gelebte Tradition, starken Zusammenhalt und überraschende Vielfalt. Hier trifft mittelalterliche Geschichte auf moderne Dorfprojekte, und zwischen Dorfeiche und Zwergenidyll schlägt das stolze Herz des Birkenfelder Lands.


Ein Dorf, zwei Namen – und eine bewegte Geschichte

Die Gemeinde besteht aus den beiden Ortsteilen Wilzenberg und Hußweiler, die erstmals 1344 (Hußweiler) und 1438 (Wilzenberg) urkundlich erwähnt wurden. Im Mittelalter gehörten beide Orte zur Hinteren Grafschaft Sponheim, genauer zum Oberamt Birkenfeld. Das Gemeindewappen erinnert bis heute an diese Zugehörigkeit: Ein rot-weiß geschachter Balken symbolisiert die Grafen von Sponheim, während die grüne und silberne Schildteilung die beiden Ortsteile repräsentiert.

Später durchlief die Region zahlreiche politische Wendungen: Nach der napoleonischen Zeit wurde sie Teil des Großherzogtums Oldenburg, als Exklave mitten in den preußisch dominierten Rheinlanden. Erst am 22. September 1933 wurden Wilzenberg und Hußweiler zu einer Gemeinde zusammengeschlossen. Seitdem trägt sie den Doppelnamen Wilzenberg-Hußweiler – ein Name mit Gewicht und Geschichte.


Lage, Landschaft und geologische Schätze

Wilzenberg-Hußweiler liegt auf etwa 350 Metern Höhe am Schwollbach, eingebettet in die sanfte Hügellandschaft des Hunsrücks. Über 50 Prozent der Gemeindefläche von 6,46 km² sind bewaldet – das grüne Herz des Dorfs schlägt mitten im Nationalpark Hunsrück-Hochwald. Hier streifen Wildkatzen durch dichte Wälder, und seltene Pflanzenarten blühen ungestört.

Doch nicht nur die Natur, auch der Boden hat es in sich: Das Dorf steht auf Gesteinsschichten aus dem Perm, die über 320 Millionen Jahre alt sind. Spektakulär: Ein Hobby-Paläontologe entdeckte hier eine Fossilienplatte mit den ältesten Microsauriern – winzige Urzeitwesen, die als Ur-Ur-Dinosaurier gelten. Im nahen Nockenthal fanden sich sogar Spuren von Steinkohle. Diese geologische Vielfalt soll bald durch einen Steinlehrpfad Teil der Bewegungs- und Begegnungsmeile werden – Wissen und Aktivität unter freiem Himmel.


Ein Parkplatz mit Aussicht – und der stille Moment der Heimatliebe

Manchmal braucht es keinen langen Spaziergang, kein großes Ereignis – manchmal reicht ein Moment, um zu erkennen, wie schön die eigene Heimat wirklich ist. Über viele Jahre hinweg führte der Weg regelmäßig nach Wilzenberg-Hußweiler – zur Tierarztpraxis im Ort, ein bis zwei Mal pro Jahr, über einen Zeitraum von fast acht Jahren.

Und jedes Mal, wenn der Wagen geparkt war und der Blick über die Umgebung schweifte, fiel es aufs Neue auf: Diese Landschaft. Diese Ruhe. Diese Weite. Vom Hof der Tierarztpraxis aus bot sich ein Ausblick, der sprachlos machte – ganz ohne Ankündigung. Es war kein Ausflug, keine Wanderung, sondern einfach ein kurzer Moment zwischen Ankommen und Termin – und doch brannte sich dieser Eindruck ein.

So wurde Wilzenberg-Hußweiler zu einem stillen Symbol dafür, wie viel Schönheit die Verbandsgemeinde Birkenfeld zu bieten hat – wenn man nur hinsieht.


Das Herz aus Holz: Die Dorfeiche von Wilzenberg

Sie hat Generationen kommen und gehen sehen, steht seit dem 16. Jahrhundert im Ortsteil Wilzenberg und gilt als grünes Wahrzeichen der Gemeinde: die Dorfeiche. Ihre ausladende Krone spendet Schatten für das gesellschaftliche Leben – unter ihr werden das Dorffest, das Oktoberfest und der Weihnachtsmarkt gefeiert.

Im Advent verwandelt sich der Platz unter der Eiche in ein stimmungsvolles Winterdorf, im Sommer wird hier gelacht, getanzt und gegrillt. Und das nicht nur zu besonderen Anlässen: Jeden Freitagabend treffen sich die Einwohner an der angrenzenden Grillhütte – egal ob Hochsommer oder Schneegestöber. Gemeinschaft, wie sie im Bilderbuch steht.


Maifeuer, Fastnacht und gelebte Bräuche

Die Dorfgemeinschaft lässt sich nicht lumpen, wenn es um Tradition geht. Jedes Jahr zum 1. Mai wird ein großes Maifeuer entzündet. Schon Wochen zuvor sammeln Bürger Holz und Reisig, um den Winter symbolisch zu verbrennen.

Auch der Karneval hat seinen festen Platz im Kalender: Der Sportverein organisiert eine närrische Sitzung mit Büttenreden, Kostümen und viel Musik. Die Veranstaltung ist beliebt – nicht nur bei Einheimischen, sondern auch bei Gästen aus der Umgebung.


Ein Dorf und seine Zwerge: Die kurioseste Sehenswürdigkeit der Region

Was tun, wenn man Zwerge liebt? Man sammelt sie. Winfried Kemmer, ein langjähriger Bewohner, hat daraus eine kleine Sensation gemacht: In seinem Vorgarten an der Hauptstraße versammelt er jedes Jahr von Mai bis Oktober rund 600 Gartenzwerge und Tierfiguren – liebevoll arrangiert, bunt bemalt und mit viel Augenzwinkern präsentiert.

Die lokale Presse spricht von der „Zwergensaison“, die jedes Jahr aufs Neue Lächeln auf Gesichter zaubert. Wer Wilzenberg-Hußweiler besucht, sollte dieses skurrile Open-Air-Museum nicht verpassen.


Vereinsleben: Klein, aber oho

Was Wilzenberg-Hußweiler besonders macht, ist der ehrenamtliche Geist. Trotz der überschaubaren Größe pulsiert das soziale Leben:

  • Die Freiwillige Feuerwehr sorgt nicht nur für Sicherheit, sondern auch für Geselligkeit.
  • Der SV Wilzenberg-Hußweiler belebt den Sportplatz, das Sportlerheim und die Fastnacht.
  • Die Jagdgenossenschaft vereint Grundstücksbesitzer für eine nachhaltige Wildbewirtschaftung.
  • Die IG Dorffest organisiert mit viel Herzblut die Dorfveranstaltungen.
  • Zwei Heckengesellschaften in beiden Ortsteilen pflegen eine Tradition aus dem Mittelalter – inklusive Heckenmeister und gemeinschaftlicher Pflege alter Allmende-Flächen.

Zentrale Anlaufstelle für alle Aktivitäten ist das Gemeinschaftshaus mit Sportlerheim, ausgestattet für Feiern und Versammlungen, mit angrenzendem Jugendraum, Sportplatz und der Begegnungsmeile. Hier ist immer etwas los.


Politik: Ehrenamtlich, bürgernah, effektiv

Politisch gehört Wilzenberg-Hußweiler zur Verbandsgemeinde Birkenfeld. Der Gemeinderat ist klein, aber engagiert, Entscheidungen werden basisnah und oft einstimmig getroffen.

Nach der langen Amtszeit von Werner Mildenberger (1999–2014) folgte Joachim Jung, der mit Innovationsprojekten wie der Bewegungsmeile neue Impulse setzte. Sein Rücktritt im Herbst 2021 sorgte für Schlagzeilen, über die Gründe wurde öffentlich spekuliert.

Seit 2024 ist Reimund Weber Ortsbürgermeister – ein bekanntes Gesicht im Dorf, aktiv in Vereinen und als Heckenmeister. Seine einstimmige Wahl zeigt: Hier hält man zusammen.


Stabile Bevölkerung, gute Anbindung, lebendige Wirtschaft

Mit aktuell 279 Einwohnern bleibt die Bevölkerungszahl stabil. Viele junge Menschen zieht es zum Arbeiten in die Stadt, doch am Wochenende kehren sie zurück – zur Familie, zum Dorffest, zum Grillabend.

Die Infrastruktur ist überraschend gut: Nur zwei Kilometer entfernt verläuft die B41, die Autobahn A62 ist schnell erreichbar, und im nahen Kronweiler gibt’s Bahnanschluss an die Nahetalbahn. Ein Bäckerwagen kommt regelmäßig, größere Besorgungen erledigt man in Birkenfeld, Niederbrombach oder Leisel.

Auch wirtschaftlich geht hier was: Vom Hufschuh-Service Jung für Pferde über die Präzisionsfabrik Becker, die die Raumfahrt beliefert, bis zum Demeter-Betrieb Bornwiesenhof mit eigener Käsemanufaktur – Wilzenberg-Hußweiler bietet mehr als viele vermuten.


Fazit: Ein Stück Heimat mit Herz und Haltung

Wilzenberg-Hußweiler ist ein Ort, der überrascht. Nicht wegen lauter Attraktionen, sondern weil er leise wirkt – und genau deshalb hängen bleibt. Ein Dorf mit Charakter, das Wurzeln und Zukunft gleichermaßen pflegt. Hier zeigt sich, wie stark eine Gemeinschaft sein kann, wenn sie zusammensteht.

Und wer einmal dort war – vielleicht wegen eines Tierarztbesuchs, einem kurzen Stopp oder ganz zufällig – wird es spüren: Hier ist Heimat mehr als ein Ort. Es ist ein Gefühl.

Wolfgang Herfurth – April 2025

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