Die wechselvolle Geschichte der Burg Birkenfeld (Nahe)

Anfänge der Burg im Mittelalter

Die Geschichte der Burg Birkenfeld reicht bis ins späte Mittelalter zurück. Erstmals wird eine Burg in Birkenfeld im Jahr 1293 urkundlich erwähnt, und zwar als Besitz der Grafen von Sponheim. Zu jener Zeit gehörte Birkenfeld zur sogenannten „Hinteren Grafschaft“ Sponheim, während das Gebiet formal zum Einflussbereich des Erzbistums Trier zählte. Dies führte zu Konflikten: Die Trierer Erzbischöfe beanspruchten Macht in der Region, was die Sponheimer Grafen jedoch nicht akzeptierten. Im Jahr 1328 kam es zum dramatischen Höhepunkt dieses Machtstreits, als Gräfin Loretta von Sponheim den Trierer Erzbischof Balduin von Luxemburg gefangen nahm, um ihn zum Verzicht auf seine Ansprüche im Birkenfelder Raum zu zwingen. Nach fünfwöchiger Haft lenkte Balduin ein – ein Erfolg für die Sponheimer, die dadurch ihre Stellung in Birkenfeld festigen konnten.

Nur wenige Jahre später erhielt der Ort Birkenfeld eine besondere Aufwertung: 1332 verlieh Kaiser Ludwig der Bayer Birkenfeld die Stadtrechte, vermutlich als Gefälligkeit an seine Wittelsbacher Verwandtschaft. (Gräfin Lorettas Sohn Johann III. von Sponheim hatte eine Wittelsbacher Pfalzgräfin geheiratet, was die kaiserliche Gunst begünstigte.) Trotz des neu erworbenen Stadtstatus blieb die Burg zunächst ein regionaler Verwaltungssitz. Die eigentlichen Grafen von Sponheim residierten weiterhin auf ihrer Stammburg Starkenburg an der Mosel, während in Birkenfeld ein Amtmann (Verwalter) der Grafen auf der Burg wohnte. Die mittelalterliche Burg Birkenfeld war zu dieser Zeit also vor allem Verwaltungsmittelpunkt und militärischer Stützpunkt der Grafschaft, die hoch über der jungen Stadt thronte – gelegen auf einem schmalen Bergrücken etwa 100 Meter über dem Tal.

Herrschaftswechsel und Ausbau im 15. und 16. Jahrhundert

Im 15. Jahrhundert erlebte die Region einen bedeutenden dynastischen Umbruch. Die Grafschaft Sponheim wurde nach dem Tod des letzten Sponheimer Grafen Johann V. (†1417) unter mehreren Erben aufgeteilt. Zunächst hatten die Grafen von Veldenz und die Markgrafen von Baden gemeinsam die Herrschaft inne. Bald jedoch kam auch das Haus Wittelsbach ins Spiel: 1444 fiel der Veldenzer Anteil an Stephan von Pfalz-Zweibrücken, einen Wittelsbacher Fürsten. Fortan teilten sich die Markgrafen von Baden und die Herzöge aus der Pfalz-Zweibrücker Linie die Herrschaft über Birkenfeld und die Hintere Grafschaft Sponheim – eine ungewöhnliche Kondominats-Herrschaft, die über drei Jahrhunderte Bestand hatte.

Für die Burg Birkenfeld bedeuteten diese wechselnden Machtverhältnisse, dass sie zwar weiterhin genutzt und unterhalten wurde, aber keine eigenständige Residenz eines einzelnen Landesherrn war. Hinweise auf bauliche Aktivitäten zeigen, dass die Anlage in der frühen Neuzeit nicht in Vergessenheit geriet: So wurden um 1510 beispielsweise ein neuer Turm, ein Gebäude bei der Burgküche und ein neuer Stall errichtet. Die Burg blieb Verwaltungssitz des gemeinsamen „Amts Birkenfeld“ und Symbol der geteilten Herrschaft. In friedlichen Zeiten diente sie dem Amtsverwalter und der Unterbringung von Amtsakten, in unruhigen Zeiten bot sie Schutz für Bevölkerung und Besatzung.

Residenz der Herzöge von Pfalz-Zweibrücken-Birkenfeld (1584–1720)

Eine entscheidende Wende in der Geschichte der Burg brachte das späte 16. Jahrhundert: Im Jahr 1584 erhob Herzog Karl I. von Pfalz-Zweibrücken-Birkenfeld Birkenfeld zu seiner Residenz. Karl war ein jüngerer Sohn aus dem Hause Wittelsbach (Linie Pfalz-Zweibrücken) und begründete die neue Seitenlinie Pfalz-Zweibrücken-Birkenfeld, die fortan von Birkenfeld aus regierte. Damit wurde die einstige Burg der Sponheimer in ein fürstliches Schloss umgewandelt. Unter Herzog Karl – der zuvor übrigens Rektor der Universität Heidelberg gewesen war – wurde die mittelalterliche Burg zu einem repräsentativen Renaissanceschloss ausgebaut. Aus dieser Blütezeit stammt auch die Schlosskapelle und weitere repräsentative Bauten, die der Anlage einen fürstlichen Glanz verliehen.

Ein Kupferstich von Matthäus Merian aus dem Jahr 1645 zeigt die Schlossanlage Birkenfeld in ihrer Hochphase. Deutlich ist die mächtige Renaissance-Residenz zu erkennen, bestehend aus der Kernburg mit hohen Dächern und Türmen sowie einer vorgelagerten Vorburg (äußerer Hof). Die Hauptburg hebt sich durch ihre Größe und massive Bauweise von der Vorburg abar-. Dieser Stich – angefertigt nur wenige Jahrzehnte nach der Fertigstellung der Umbauten – vermittelt einen Eindruck der „stattlichen Herrlichkeit“, welche die Wittelsbacher ihrem Schloss verliehen hatten. Die Burg Birkenfeld war nun nicht mehr nur Verwaltungsort, sondern Wohn- und Regierungssitz eines Herzogs.

Herzog Karl I. verstarb 1600; ihm folgte sein Sohn Georg Wilhelm. Unter Herzog Georg Wilhelm erlebte das Birkenfelder Land Anfang des 17. Jahrhunderts eine kulturelle und wirtschaftliche Blütezeit. Der neue Herzog förderte Handel und Gewerbe und hielt einen kleinen Hofstaat auf Schloss Birkenfeld. Allerdings blieb dieser Aufschwung nicht ungetrübt: Ab 1618 wütete der Dreißigjährige Krieg in weiten Teilen Deutschlands. Georg Wilhelm versuchte, sein Territorium aus den Konflikten herauszuhalten – zeitweise erklärte er das Birkenfelder Land sogar für neutral, um Zerstörungen abzuwenden. Dennoch blieb auch Birkenfeld nicht gänzlich verschont; Truppendurchzüge und Kontributionen brachten Entbehrungen, und der Glanz des kleinen Hofes verblasste während der Kriegsjahre.

Nach Georg Wilhelms Tod 1669 folgte sein Sohn Christian II. von Birkenfeld. Dessen Regierungszeit markiert das Ende der Residenz-Ära: Als Christian II. im frühen 18. Jahrhundert starb, erbte sein Sohn Christian III. das Herzogtum Zweibrücken (eine größere Wittelsbacher Herrschaft) und verlagerte seinen Regierungssitz dorthin. Um 1717/1720 wurde die Hofhaltung in Birkenfeld schließlich aufgelöst. Das Schloss Birkenfeld hatte damit seine Funktion als fürstliche Residenz verloren. Die verbliebenen Gebäude wurden noch genutzt – jedoch nur noch zweckmäßig, als Wohnungen für Beamte und zur Lagerung von Naturalabgaben (Steuern in Form von Getreide, etc.). Die große Zeit der Burg Birkenfeld war vorüber, und es begann eine Phase des schleichenden Bedeutungsverlusts.

Interessant ist ein genealogischer Ausblick: Aus der herzoglichen Familie Pfalz-Birkenfeld gingen später bedeutende Herrscher hervor. Die Nachfahren Herzog Karls stellten ab 1799 die bayerischen Kurfürsten und ab 1806 die Könige von Bayern, darunter König Ludwig II., der berühmte „Märchenkönig“. Auch Elisabeth („Sisi“) von Österreich, die Kaiserin von Österreich-Ungarn, stammte in direkter Linie von Herzog Karl von Birkenfeld ab. Somit lebt das Erbe der Birkenfelder Wittelsbacher in der europäischen Geschichte fort, auch wenn die Burg selbst ihre Glanzrolle bald verlor.

Niedergang im 18. Jahrhundert

Das 18. Jahrhundert brachte der Burg Birkenfeld endgültig den Niedergang. Nachdem die Wittelsbacher Herzöge abgezogen waren, blieb die Verwaltung zwar zunächst vor Ort, doch fehlten die Mittel und der Wille für größere Instandhaltungen. Ein Teil der Anlage diente weiterhin als Amtssitz lokaler Beamter. Politisch gab es erneut Veränderungen: 1776 endete die jahrhundertelange Kondominats-Herrschaft in der Hinteren Grafschaft Sponheim. Die Markgrafschaft Baden übernahm nun auch offiziell den Birkenfelder Landesteil allein, während die Wittelsbacher auf ihre Anteile verzichteten. Birkenfeld wurde damit badisch – allerdings nur für kurze Zeit. Markgraf (später Kurfürst) Karl Friedrich von Baden, der letzte adlige „Herr von Birkenfeld“, führte aufgeklärte Reformen ein: Unter anderem schaffte er die Leibeigenschaft ab, was der Region einen wirtschaftlichen und kulturellen Aufschwung bescherte. Dennoch war die ehemalige Residenz inzwischen in bescheidenem Zustand. Reisende berichteten, dass das einst prächtige Schloss nur noch eingeschränkt genutzt wurde – als Amtsgebäude, Garnisonsquartier oder Lager.

Bereits 1795 sollten sich die Verhältnisse wieder grundlegend ändern: In den Koalitionskriegen eroberten französische Revolutionstruppen das gesamte linksrheinische Gebiet, somit auch Birkenfeld. Die badische Verwaltung musste fliehen, und Birkenfeld wurde dem französischen Staat einverleibt. Unter französischer Herrschaft (1798–1814) war die ehemalige fürstliche Burg meist nur noch eine Kaserne und Herberge – französische Soldaten und Beamte wurden in den alten Gemäuern einquartiert. In dieser Zeit kam es zu einem berüchtigten Zwischenfall: Im Sommer 1799 überfiel die „Birkenfelder Bande“, eine Räubergruppe, die Burg, um die Besatzer auszurauben. Der Überfall scheiterte jedoch, und acht der Räuber wurden später in Trier hingerichtet. Dieses finstere Kapitel markiert beinahe schon den Schlusspunkt der Burggeschichte.

Versteigerung und Abbruch der Schlossruine (1807)

Der endgültige Todesstoß für die bauliche Substanz der Burg Birkenfeld erfolgte in den Jahren nach 1800. Da die Franzosen die Anlage nicht selbst nutzten und unterhielten, wurde beschlossen, sie zu veräußern. Im Jahr 1807 – Birkenfeld gehörte noch zum napoleonischen Frankreich – wurden die Gebäude des Schlosses Birkenfeld versteigert. Ein Pariser Kaufmann erwarb die Ruine und verkaufte sie stückweise an Einheimische weiter. Bewohner aus Birkenfeld und umliegenden Dörfern (etwa Rinzenberg, Dienstweiler und Hoppstädten) bauten die Schlossgebäude ab, um das gewonnene Baumaterial für eigene Häuser zu verwenden. Wertvolle Baustoffe wie Sandsteinquader, Balken und Dachschiefer wurden vom Burgberg in die Stadt geschafft und dort verbaut. Innerhalb weniger Jahre verschwanden ganze Gebäudetrakte des einstigen Renaissanceschlosses. Was der Zahn der Zeit bis dahin übrig gelassen hatte, wurde nun systematisch abgetragen.

Nach dem Ende der napoleonischen Ära fiel Birkenfeld 1815/1817 an das Großherzogtum Oldenburg, das hier das Fürstentum Birkenfeld einrichtete. Die Oldenburger entschieden sich, einen Neubau für Verwaltungszwecke zu errichten: In den Jahren 1819–1821 entstand unten in der Stadt das klassizistische „Neue Schloss“, das als Regierungssitz diente. Die Überreste der alten Burg auf dem Berg ließ man hingegen liegen. Vom glanzvollen Schloss Birkenfeld standen nur noch Ruinen – stumme Zeugen einer vergangenen Epoche.

Heutige Spuren und Erinnerung an die Burg

Trotz des Abrisses von 1807 sind einige Reste der Burg Birkenfeld bis heute erhalten und prägen das Bild des Burgbergs über der Stadt. Am deutlichsten sichtbar ist das massive Torhaus der ehemaligen Vorburg. Dieses Torhaus, durch das einst Besucher das Schlossgelände betraten, steht noch immer und wurde in den letzten Jahren aufwändig restauriert. Es wird heute privat als Wohnhaus genutzt – ein lebendiges Stück Geschichte im Alltag der Stadt. Über dem Torbogen erkennt man eine in Stein gemeißelte Kartusche mit den Namen der elf Birkenfelder Soldaten, die im Ersten Weltkrieg gefallen sind, sowie den Sinnspruch: „Steh Enkel und lies mit Ehrfurcht die Namen“. So dient das alte Burgtor zugleich als Mahnmal.

Auch Teile der Ringmauern der Kernburg sind noch auszumachen: Mauerreste ziehen sich entlang des Burgplateaus, und zwei ehemalige Türme ragen als Stümpfe empor. Einer dieser Turmstümpfe wurde zu einem Aussichtsturm umgebaut. Von dort hat man heute einen weiten Blick über die Stadt Birkenfeld und die Hunsrücklandschaft – einst sicher ein strategischer Vorteil der Burg, heute eine Attraktion für Besucher. Im Osten des Burggeländes findet sich die Ruine des ehemaligen Zugbrücken-Auflagers am Torhaus; man erkennt noch Öffnungen, in denen die Seilzüge der Hebebrücke liefen. Außerdem steht nahe dem Torhaus ein historisches Gebäude, das frühere Burggasthaus „Zum ledigen Waidsack“, das die Zeiten überdauert hat. Dieses diente einst als Herberge für Gäste der Schlossbesitzer und später als Wirtshaus; es ist bis heute erhalten und erinnert an die zivile Nutzung der Burganlage.

In den Fundamenten eines nicht mehr erhaltenen Gebäudes – des ehemaligen Pfarrhauses auf dem Burgberg – wurde 1926 eine Jugendherberge eingerichtet. Die Herberge nutzte die malerische Lage und bot Wanderern Unterkunft direkt an den historischen Mauern. 1976 wurde sie jedoch geschlossen; seitdem dient das Gebäude als Gemeinschaftshaus, in dem Vereine und Bürger der Stadt zusammenkommen können. Bis ins Jahr 1933 war der Bereich der Burg Birkenfeld sogar eine eigenständige kleine Gemeinde (Ortsbezirk) innerhalb des Landkreises. Erst die Gebietsreformen der NS-Zeit schlugen das „Burgdorf“ Birkenfeld ganz zur Stadt Birkenfeld.

Heute ist das Gelände der Burgruine Birkenfeld frei zugänglich und ein beliebtes Ausflugsziel für Geschichtsinteressierte und Spaziergänger. Informationstafeln am Eingang und auf dem Burgareal erläutern die wichtigsten Stationen der Burggeschichte und machen die Reste vor Ort verständlich. Eine lokale Interessengemeinschaft Burg Birkenfeld kümmert sich um die Anlage und organisiert gelegentlich Führungen. In den Sommermonaten dient das stimmungsvolle Ambiente der Ruine sogar als Freilichtbühne: Konzerte, Theateraufführungen und Serenaden finden vor der Kulisse der alten Mauern statt. So bleibt die Erinnerung an die Burg Birkenfeld in der Region lebendig.

Mehr als 700 Jahre nach ihrer ersten Erwähnung ist die Burg zwar zur Ruine geworden, doch ihre Geschichte – von der mittelalterlichen Grenzfeste über das fürstliche Renaissanceschloss bis hin zum heutigen Denkmal – ist untrennbar mit Birkenfeld verbunden. Die Mauern mögen großteils gefallen sein, aber in den Erzählungen der Einwohner und der historischen Überlieferung lebt die Burg Birkenfeld als „Kleine Residenz“ im Grünen weiter. Wer heute den Burgberg erklimmt, wandelt auf den Spuren von Grafen, Herzögen und Revolutionären – und genießt zugleich einen eindrucksvollen Blick in die Landschaft, der einst schon den Erbauern dieser Burg gefallen haben dürfte.

Wolfgang Herfurth – Juni 2025

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