Dienstweiler, 31. Juli 1967 – Der Tag, an dem der Himmel zerbrach
Erinnerung eines Dreizehnjährigen

Ich war dreizehn, es waren Sommerferien, und an diesem Tag lag die Welt für uns Kinder in Ordnung. Die Sonne stand hoch am Himmel, es war heiß – wir waren, wie fast jeden Tag, im Birkenfelder Freibad. Das Wasser glitzerte, es wurde gelacht, gerufen, geplanscht. Alles war leicht, alles war unbeschwert.

Doch dann – plötzlich – dieses Geräusch. Ein tiefes Dröhnen, erst fern, dann bedrohlich nah. Es war anders als das Brummen eines gewöhnlichen Flugzeugs. Ich schaute nach oben, und noch ehe ich etwas erkennen konnte, kam ein gewaltiger Knall. Dann Stille. Und dann: Rauch, eine schwarze, dichte Wolke am Horizont.

Wir wussten sofort: Da ist etwas passiert. Ohne groß zu überlegen, sprangen wir aus dem Wasser, rissen unsere Sachen vom Beckenrand, zogen uns halb nass wieder an. Die Aufregung trieb uns an. Gemeinsam rannten wir los – raus aus dem Bad, durch die Straßen, über Felder, in Richtung Dienstweiler. Immer diesem Rauch hinterher. Es fühlte sich an wie in einem Film, aber es war echt. Zu echt.

Als wir ankamen, war es zu spät. Überall standen Einsatzkräfte, die Feuerwehr kämpfte noch gegen die letzten Flammen, Polizei sperrte das Gelände ab. Wir konnten nicht mehr näher heran. Ich stand am Rand eines abgeernteten Feldes, keuchend, verschwitzt, mit klopfendem Herzen – und schaute auf eine Szene, die ich nie vergessen werde: verkohlte Erde, rauchende Trümmer, fremde Stille über der Landschaft. Die Luft war beißend und schwer.

Ein Phantom-Kampfjet war abgestürzt. Damals wusste ich kaum, was das bedeutete. Ich wusste nur, dass dieser Moment unsere kleine, ruhige Welt für einen Augenblick ins Wanken gebracht hatte. Dass etwas in den Himmel gegriffen hatte – und dieser Himmel war an diesem Tag über Dienstweiler zerbrochen.

Viele Jahre sind seitdem vergangen. Aber immer, wenn ich dieses Foto sehe, kommt all das wieder zurück: das Dröhnen, der Schock, das Rennen – und das Staunen darüber, wie nah der Ernst des Lebens auf einmal sein konnte.

Wolfgang Herfurth – April 2025

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