Die Geschichte von Birkenfeld (Nahe): Vom Mittelalter bis zur Gegenwart

Frühzeit und erste urkundliche Erwähnung

Birkenfeld-Nahe, heute eine Kleinstadt in Rheinland-Pfalz, kann auf eine lange Geschichte zurückblicken. Archäologische Funde belegen eine Besiedlung bereits in vor- und frühgeschichtlicher Zeit. Später gehörte das Gebiet zum Römischen Reich, bevor die Franken im 5. Jahrhundert n. Chr. die Region übernahmen.

Die erste urkundliche Erwähnung Birkenfelds stammt aus dem Jahr 981, als Erzbischof Egbert von Trier die Schenkung der Kirche „Birkinvelt“ an das Kloster St. Paulin bestätigte. Bereits um das Jahr 700 soll die Kirche durch den heiligen Liutwin, einen Trierer Erzbischof, gestiftet worden sein. Damit war Birkenfeld bereits früh ein kirchliches Zentrum in der Region.

Im Hochmittelalter wurde Birkenfeld zu einem wichtigen Verwaltungssitz. Politisch stand es unter dem Einfluss des Erzstifts Trier, bevor es in den Besitz der Grafen von Sponheim gelangte. Die erste Erwähnung der Burg Birkenfeld stammt aus dem Jahr 1293, als sie als Zentrum der Hinteren Grafschaft Sponheim diente.

Das Mittelalter: Stadtrechte und Machtkämpfe

Das 14. Jahrhundert war geprägt von Auseinandersetzungen zwischen den Sponheimern und dem Erzbistum Trier. Besonders bekannt ist die Episode um Gräfin Loretta von Sponheim, die 1328 Erzbischof Balduin von Trier gefangen nahm und ihn zwang, die sponheimische Herrschaft über Birkenfeld anzuerkennen.

1332 erhielt Birkenfeld von Kaiser Ludwig dem Bayern die Stadtrechte. Trotz der fehlenden Stadtmauer entwickelte sich der Ort zu einem wichtigen Verwaltungszentrum.

Mit dem Tod des letzten Sponheimer Grafen im Jahr 1437 fiel Birkenfeld zur Hälfte an die Markgrafen von Baden und zur anderen Hälfte an die Grafen von Veldenz. Später übernahm das Haus Pfalz-Zweibrücken diesen Anteil, sodass Birkenfeld ab dem 15. Jahrhundert gemeinschaftlich von Baden und den Wittelsbachern regiert wurde.

Fürstliche Residenz unter den Wittelsbachern (16.–18. Jahrhundert)

Ein bedeutender Wendepunkt war das Jahr 1584, als Pfalzgraf Karl I. von Zweibrücken-Birkenfeld die Stadt zu seiner Residenz machte. Er ließ die mittelalterliche Burg in ein repräsentatives Renaissanceschloss umbauen. Sein Sohn, Herzog Georg Wilhelm, vollendete den Ausbau und errichtete 1669 eine Schlosskirche.

Während des Dreißigjährigen Krieges wurde Birkenfeld schwer getroffen – 1635 forderten Krieg und Pest viele Opfer. Doch nach dem Krieg stabilisierte sich die Stadt wieder. Die fürstliche Residenzzeit endete 1720, als die Herrscherlinie nach Zweibrücken umzog. Das Schloss verlor seine Funktion als Hofsitz und diente fortan als Verwaltungsgebäude.

Herrschaftswechsel und die französische Zeit (18./19. Jahrhundert)

1776 fiel Birkenfeld vollständig an Baden, doch die politische Lage änderte sich bald drastisch. Im Zuge der Französischen Revolution wurde das gesamte linksrheinische Gebiet von Frankreich annektiert. 1795 besetzten französische Truppen die Stadt, und mit dem Frieden von Lunéville 1801 wurde Birkenfeld offiziell französisch.

Unter französischer Herrschaft wurde das Schloss 1807 versteigert und in den folgenden Jahren größtenteils abgerissen.

Eine legendäre Episode aus dieser Zeit betrifft den berüchtigten Räuber Schinderhannes, der 1797 eine Tuchmanufaktur in Birkenfeld überfiel.

Das Fürstentum Birkenfeld unter Oldenburg (1817–1918)

Nach dem Sturz Napoleons wurde die politische Landkarte Europas neu geordnet. 1817 erhielt der Herzog von Oldenburg das ehemalige französische Verwaltungsgebiet rund um Birkenfeld als Entschädigung für verlorene Gebiete.

Damit wurde Birkenfeld zur Hauptstadt des neuen Fürstentums Birkenfeld, einer weit entfernten Exklave des Großherzogtums Oldenburg. Die Stadt blieb Verwaltungssitz und erhielt neue klassizistische Gebäude, darunter das 1821 errichtete Regierungsgebäude, das heute die Kreisverwaltung beherbergt.

Wirtschaftlich profitierte Birkenfeld von der Errichtung der Birkenfelder Lokalbahn im Jahr 1880, die die Stadt mit der Nahetalbahn verband. Dadurch entwickelte sich Birkenfeld als Handels- und Verwaltungszentrum weiter.

Der Übergang nach Preußen und die Weltkriege

Nach dem Ersten Weltkrieg blieb Birkenfeld zunächst Teil des Freistaats Oldenburg. Doch 1937 wurde es im Zuge des „Groß-Hamburg-Gesetzes“ in die preußische Rheinprovinz eingegliedert und wurde Kreisstadt des Landkreises Birkenfeld.

Während des Zweiten Weltkriegs blieb die Stadt von Zerstörungen weitgehend verschont. Im März 1945 rückten amerikanische Truppen ein, womit die nationalsozialistische Herrschaft in Birkenfeld endete.

Nachkriegszeit und Eingliederung in Rheinland-Pfalz

Nach dem Krieg wurde Birkenfeld Teil der französischen Besatzungszone und ging 1946 in das neu gegründete Bundesland Rheinland-Pfalz über. Ein Teil des ehemaligen Kreises wurde dem Saarland zugeordnet, wodurch Birkenfeld einen Teil seines früheren Verwaltungsgebiets verlor.

Die Nachkriegsjahre waren geprägt von einem wirtschaftlichen Wandel. Die Stilllegung der Eisenbahnverbindung 1962 und der Rückgang traditioneller Industrien führten zu Veränderungen, doch Birkenfeld etablierte sich zunehmend als Dienstleistungszentrum.

Birkenfeld heute: Tradition und Moderne

Heute ist Birkenfeld eine moderne Kleinstadt mit rund 7.000 Einwohnern. Die Stadt bewahrt ihre historische Identität – Reste der alten Burganlage sind noch sichtbar, und zahlreiche Straßen und Gebäude erinnern an die Vergangenheit.

Mit dem nahegelegenen Nationalpark Hunsrück-Hochwald hat Birkenfeld zudem an touristischer Bedeutung gewonnen. Moderne Entwicklungen wie das Technologie- und Gründerzentrum zeigen, dass Birkenfeld sich nicht nur auf seine Geschichte verlässt, sondern aktiv in die Zukunft blickt.

Bekannte Persönlichkeiten aus der Geschichte Birkenfelds

  • Gräfin Loretta von Sponheim (1300–1346): Verteidigte die Grafschaft gegen Erzbischof Balduin von Trier.
  • Pfalzgraf Karl I. von Zweibrücken-Birkenfeld (1560–1600): Machte Birkenfeld zur Residenzstadt.
  • Herzog Georg Wilhelm von Birkenfeld (1591–1669): Vollendete den Schlossausbau.
  • Markgraf Karl Friedrich von Baden (1728–1811): Reformierte die Stadt und schaffte die Leibeigenschaft ab.
  • Johannes „Schinderhannes“ Bückler (1779–1803): Der berühmteste Räuber des Hunsrücks, der auch in Birkenfeld aktiv war.
  • Herzog Maximilian Joseph (1756–1825): Urenkel der Birkenfelder Linie der Wittelsbacher und späterer König von Bayern.

Fazit

Die Geschichte Birkenfelds ist eine faszinierende Mischung aus mittelalterlichen Machtkämpfen, fürstlicher Residenzzeit, wechselnden Herrschaftsverhältnissen und modernem Strukturwandel. Vom kleinen Sponheimer Burgort über die oldenburgische Exklave bis zur Kreisstadt in Rheinland-Pfalz – Birkenfeld hat über die Jahrhunderte viele Gesichter gehabt. Heute verbindet die Stadt Tradition und Moderne und bleibt ein lebendiger Teil der Region.

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