Eine kleine Geschichte zum Bild – Mainacht 1968 in Dienstweiler

Es war die Nacht zum 1. Mai 1968, eine Zeit des Wandels in der Welt, doch in Dienstweiler, einem kleinen Ort mit großen Herzen, blieben die Dinge noch in gewisser Weise heile. Während in Paris die Studenten demonstrierten und die Welt sich laut drehte, saßen hier zehn Menschen um ein Lagerfeuer – Männer und Frauen, jung und alt – vereint durch eine Tradition, die mehr war als bloß ein Brauch: die Mainacht.

Im Schein des Feuers, das knisternd Geschichten von früher erzählte, saßen sie beisammen, wärmten sich und lachten. Frau Brucker mit ihrem Kopftuch, das fast schon sinnbildlich für die Frauen dieser Generation stand – bodenständig, zäh und herzlich. Wilma Finck neben ihr, jung und neugierig, die Zukunft noch offen wie das Bier in ihrer Hand. Männer wie Kurt Caspary und Günther Spreier, mit wettergegerbten Gesichtern, die Geschichten vom Wald, von harter Arbeit und vom Zusammenhalten erzählten – nicht in langen Reden, sondern in Blicken und Gesten.

In der vorderen Reihe sieht man Dr. Klaus Hoebbel mit dem Zeigefinger in Richtung Kamera – ein Schnappschuss, der mehr sagt als Worte: „Schau her, das ist unser Moment!“ Neben ihm Günther Rothfuchs und Robert Ruppenthal – mit breitem Lachen, Flasche in der Hand, Herz auf der Zunge.

Es war eine andere Zeit – eine langsamere, vielleicht auch härtere – aber eine, in der der Zusammenhalt mehr zählte als der Besitz, in der die Dorfgemeinschaft wie eine große Familie funktionierte. Jeder kannte jeden. Wenn gefeiert wurde, dann gemeinsam. Und wenn einer Hilfe brauchte, stand man zusammen.

Das Foto ist ein stiller Zeuge dieses Zusammenlebens. Es erzählt nicht nur von der Mainacht 1968, sondern auch von einem Zeitgeist, der heute fast verloren scheint: Verwurzelung, Gemeinschaft, Lebensfreude im Kleinen.

Ein einfaches Lagerfeuer, ein paar Flaschen Bier – und doch ein großer Moment im kleinen Dorf Dienstweiler.

Wolfgang Herfurth – April 2025

Nach oben scrollen