Zwischen Trommelrhythmus und Krocketkugeln – Das gelebte Wunder von Oberhambach

Inmitten der waldreichen Höhenzüge des Hunsrück, dort, wo sich Fuchs und Wildkatze gute Nacht sagen, liegt ein Ort, der Geschichte, Natur und Gemeinschaftsgeist auf einmalige Weise vereint: Oberhambach. Ein Dorf mit knapp 260 Einwohnern, das mehr zu erzählen hat als manch große Stadt. Wer hier durch die Hauptstraße schlendert, spürt: Das ist keine Kulisse – das ist echtes Leben, fest verwurzelt im Boden der Geschichte.

Von Hambach zu Oberhambach – die Geschichte eines Ortes mit Charakter

Schon die Römer wussten, was sie an der Region hatten. Weihesteine belegen, dass sie die örtlichen Quellen zu schätzen wussten. Doch erstmals urkundlich greifbar wird der Ort im Mittelalter – damals noch schlicht Hambach genannt, Teil der Hinteren Grafschaft Sponheim. Es war das Zentrum der „Pflege Hambach“, einer Verwaltungseinheit, zu der auch die Dörfer Hattgenstein und Schwollen gehörten.

1607 lebten hier 24 Familien. Doch der Dreißigjährige Krieg hinterließ tiefe Spuren: 1699 waren es nur noch sechs Familien. Der Wiederaufbau begann langsam, aber stetig – 1790 zählte man wieder 142 Einwohner. Es war der Anfang eines Aufbruchs, der bis heute andauert.

Mit der Französischen Revolution änderte sich das Machtgefüge radikal. 1794 marschierten französische Truppen ins Naheland, Hambach wurde Teil des Saardépartements. Nach dem Wiener Kongress kam das Dorf 1815 zum oldenburgischen Fürstentum Birkenfeld – ein weiteres Kapitel in der bewegten politischen Geschichte des kleinen Orts.

Kurort mit Hochadel – Das kurze goldene Zeitalter der Petersquelle

1776 ordnete der Markgraf von Baden eine Untersuchung der örtlichen Heilquellen an. Das Ergebnis: beeindruckend. Das eisenhaltige Wasser der Petersquelle wurde als „herrlich Geschenk der Natur“ gefeiert. 1791 entstand ein dreistöckiges Kurhaus, mit Gästezimmern, Küche, Krugbäckerei und einer Wohnung für den Bademeister. Fürsten und Könige aus ganz Europa kamen zur Kur nach Hambach.

Doch das Glück währte nicht lange: 1792 zwang die Revolution zur Schließung, 1809 wurde das Bad versteigert und abgetragen. Die Pracht der Kuranlage versank im Wald – bis sie 2015 durch die Gemeinde wieder ans Licht geholt wurde. Heute informiert ein liebevoll gestalteter Info-Park über diese glanzvolle Epoche, inklusive nachgebautem Wasserlauf, Schautafeln und einem hölzernen Pavillon. Das eisenhaltige Wasser plätschert erneut – erdig im Geschmack, aber voller Geschichte.

Namensänderung und politischer Wandel

Den heutigen Namen Oberhambach trägt das Dorf erst seit 1933. Damals wurden die Nachbardörfer Böschweiler, Burbach und Heupweiler zur neuen Gemeinde Niederhambach zusammengefasst. Hambach wurde zu Oberhambach.

Auch in der Folgezeit blieb der Ort politisch nicht unberührt. Zwischen 1798 und 1814 war er französisch, ab 1817 oldenburgisch. Noch bis 1937 galt Oberhambach als oldenburgische Exklave innerhalb Preußens. Ab 1946 gehört es zu Rheinland-Pfalz – ein ständiger Wandel, dem die Einwohner mit bemerkenswerter Gelassenheit begegneten. Heute ist Oberhambach Teil der Verbandsgemeinde Birkenfeld, wo im modernen Gemeinderat weiterhin mit Herzblut diskutiert und gestaltet wird.

Menschen mit Herz – Persönlichkeiten und Gemeinschaft

Trotz überschaubarer Größe bringt Oberhambach starke Persönlichkeiten hervor. Aktuellstes Beispiel: Bernhard Alscher, Tierarzt, Lokalpolitiker – und seit 2024 Mitglied des Mainzer Landtags. Ein Beweis dafür, dass auch ein 260-Seelen-Dorf politisch mitreden kann.

Genauso prägend aber sind die stillen Helden: Helmut Brächer, 27 Jahre lang Ortsbürgermeister, oder die Dame, die seit Jahrzehnten den Martinsumzug organisiert. Menschen, die anpacken, gestalten, füreinander da sind. Dorfgemeinschaft wird hier nicht beschworen – sie wird gelebt.

Vereinsleben – vom Boulekönig bis zur Trommelgruppe

Was Oberhambach lebendig macht, ist die Vielfalt seiner Vereine. Da ist die Freiwillige Feuerwehr, die mehr als nur Löscheinsätze leistet – sie ist sozialer Kitt und Treffpunkt. Oder der Sport- und Schützenverein Oberhambach 1961 e.V., wo dienstags die Generationen gemeinsam ins Schwarze treffen.

Ein Ort mit sportlichem Herz ist auch durch den Ferienpark Hambachtal entstanden: Dort trainiert der Tennisverein Hambachtal, wo sich Gäste und Einheimische beim „Plopp“ der Bälle begegnen. Und dann ist da noch der Bouleplatz hinter dem Gemeinschaftshaus – seit 2010 rollen hier silberne Kugeln durchs Hunsrückgrün. Bis zu 14 Spieler kämpfen dienstags um den Titel des „Boule-Königs“, dazu gibt’s Grillwürstchen und Getränke vom Schützenhaus – südfranzösisches Flair trifft Hunsrück-Herzlichkeit.

Besonders charmant: der K.V.O. – Krocket-Verein Oberhambach. Gegründet 2022, entstand die Idee beim Picknick – heute zieht man mit Holzhammer und Kugeln über die Wiese. Fünf Gründungsmitglieder (Ingo, Lara, Heidi, Detlef und Manfred) machen den Sport für alle Generationen erlebbar. Ob Sonne oder Regen – Krocket verbindet.

Stammtisch, Trommeln, Tradition – Oberhambach im Klang der Gemeinschaft

In der „LKW“ – Letzten Kleinen Wirtschaft trifft sich an jedem ersten Donnerstag im Monat der Frauenstammtisch. Gastgeberin Alexa kennt jede beim Namen. Gespräche, Rezepte, ein Gläschen Wein – das Dorf lebt hier im Kleinen ganz groß.

Musikalisch klingt Oberhambach im Takt der Trommelgruppe „Sikudhani“. Dienstags wird im Gemeinschaftshaus geprobt – mit westafrikanischen Djembe-Trommeln, Lebensfreude und Engagement. Die Gruppe tritt bei Festen auf und sammelt Spenden für Mali-Hilfsprojekte. Beim Hambachfest sorgt sie für Stimmung – da wippt das ganze Dorf mit.

Feste, Bräuche und der Pulsschlag der Heimat

Oberhambach liebt seine Feste. Allen voran das Hambachfest im August – mit Flohmarkt, Blaskapelle, Grillduft und selbstgemachten Schätzen an den Ständen. Ehemalige kehren zurück, neue Gesichter werden willkommen geheißen. Gemeinschaft in Reinkultur.

Im Herbst zieht der Sankt-Martins-Umzug durch den Ort – mit leuchtenden Laternen, Pferd, Liedern und Martinsbrezeln am knisternden Feuer. Im Advent trifft man sich im Gemeinschaftshaus – Plätzchenduft, Bastelbasar, Kerzenlicht inklusive. Auch Umwelttage im Frühjahr sind fester Bestandteil: Müll sammeln, Streuobstwiesen pflegen, danach Grillen mit rußverschmierten Händen und lachenden Gesichtern.

Naturparadies mit Zauberwald und Quelle

Rund 57,5 % der Gemarkung Oberhambachs sind bewaldet – Teil des Nationalparks Hunsrück-Hochwald. Hier streifen Wildkatzen, rufen seltene Vögel. Wanderer und Mountainbiker finden bestens markierte Pfade und spektakuläre Ausblicke.

Am Ortsrand beginnt der Zauberwald – ein 4 km langer Naturerlebnispfad mit Comic-Figur Willy Wurzel, Infotafeln, Klangspielen und Rätseln für Kinder. Auch Mountainbiker kommen auf ihre Kosten. Wer den Weg geht, kehrt verzaubert zurück.

Direkt daneben: die Petersquelle, einst Kurzentrum, heute wieder begehbar. Der Sauerbrunnen plätschert, Infotafeln erzählen von der glorreichen Vergangenheit. Hier verbinden sich Natur und Geschichte – ein Ort der Stille, Kraft und Erinnerung.

Ferienpark Hambachtal – Wo Gäste Teil der Dorfgemeinschaft werden

Am westlichen Ortsrand liegt der Ferienpark Hambachtal – erbaut in den 1980er Jahren, mit 200 Ferienhäusern, Restaurant, See, Minigolf und subtropischem Erlebnisbad. Hier treffen sich Touristen und Einheimische, tauschen sich aus, feiern zusammen. Ein internationaler Hauch für ein weltoffenes Dorf.

Ein Dorf wie kein anderes

Wenn die Sonne hinter den Hunsrück-Hügeln verschwindet und aus der Kneipe ein Lachen klingt, dann spürt man: Oberhambach ist nicht nur ein Ort – es ist ein Gefühl. Ein Gefühl von Heimat, geprägt von Jahrhunderten, gepflegt von engagierten Menschen, getragen von Tradition und Offenheit. Wer hier lebt, bleibt. Wer geht, kommt zurück. Und wer zum ersten Mal kommt, bleibt nicht lange fremd.

Wolfgang Herfurth – Januar 2025

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